Als aus­ge­bil­de­ter Fun­ker und erfah­re­ner Radio- und Anten­nen­bau­er bemüh­te sich der Her­for­der Schlos­ser Hei­ko Ploe­ger mög­lichst vie­le Infor­ma­tio­nen von aus­län­di­schen Radio­sta­tio­nen zu sam­meln. Vom Ober­lan­des­ge­richt in Hamm wur­de ihm zur Last gelegt, er habe die­se Inhal­te seit Beginn des Krie­ges in den soge­nann­ten Rauch­pau­sen an sei­ne Kol­le­gen wei­ter­ge­ge­ben. Ploe­ger rech­ne­te fest damit, dass der NS-Staat den Krieg nicht gewin­nen kön­ne und ent­wi­ckel­te in den Gesprä­chen  mit den Kol­le­gen die Vor­stel­lung von einem bes­se­ren Deutschland.

Nach den »Ermitt­lun­gen« der Gesta­po hör­te Ploe­ger an vier Aben­den wöchent­lich die Sen­dun­gen von min­des­tens sechs aus­län­di­schen Rund­funk­sta­tio­nen ab. Dar­un­ter befan­den sich das häu­fig gehör­te deutsch­spra­chi­ge Pro­gramm der BBC aus Lon­don und Radio Mos­kau eben­so, wie eini­ge heu­te eher unbe­kann­te Sen­der. Die Hör­sta­ti­on soll einen prak­ti­schen Ein­druck ver­mit­teln, wel­che unter­schied­li­chen Sen­der des Wider­stan­des es gab und wel­che Inhal­te sie ver­brei­te­ten. Da Ploe­ger am 18. Janu­ar 1944 ver­haf­tet wur­de, gibt die Hör­sta­ti­on bei­spiel­haft nur Aus­schnit­te von Sen­dun­gen wie­der, die er bis zu die­sem Zeit­punkt hören konn­te. Im Urteil gegen ihn wur­den die fol­gen­den Sen­der genannnt:

1.  BBC (Lon­don, deutsch­spra­chi­ger Dienst)

Die deutsch­spra­chi­gen Pro­gram­me der BBC stan­den wäh­rend der Kriegs­jah­re immer unter bri­ti­scher Lei­tung und gaben im Wesent­li­chen die Kriegs­pro­pa­gan­da der bri­ti­schen Regie­rung wie­der. Die Pro­gram­me wur­den mit hoher Sen­der­leis­tung auf der Kurz‑, Mit­tel- und Lang­wel­le aus­ge­strahlt und konn­ten fast über­all in Deutsch­land gut emp­fan­gen wer­den. An den Pro­gram­men waren zahl­rei­che emi­grier­te deut­sche Mit­ar­bei­ter und sehr weni­ge Mit­ar­bei­te­rin­nen betei­ligt. Aller­dings beschränk­te sich ihre Mit­wir­kung, mit Aus­nah­me jener von Tho­mas Mann, über­wie­gend auf Über­set­zungs- und Sprechertätigkeiten.

Intros und Erken­nungs­me­lo­dien des Deut­schen Diens­tes der BBC 

(0:32 min.)

 

7. Sept. 1941, Kom­men­tar zur Bom­bar­die­rung deut­scher Städte 

(Spre­cher unbe­kannt, 4:00 min.)

 

18. Jan. 1943, Anspra­che an »Deut­sche Hörer« zu zehn Jah­ren Nationalsozialismus

(Spre­cher: Tho­mas Mann, 6:10 min)

 

3. Apr. 1943, Per­si­fla­ge auf das Lied »Lili Marleen«

(Spre­cher unbe­kannt / Sän­ge­rin: Lucie Mann­heim, 3:45 min)

 

2. Radio Moskau

Es han­del­te sich um das deutsch­spra­chi­ge Pro­gramm des Mos­kau­er Rund­funks, an dem auch die Mit­glie­der des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Kom­mu­nis­ten mit­ar­bei­te­ten. Neben den Infor­ma­tio­nen und Anwei­sun­gen der KPD-Füh­rung für ihre Mit­glie­der in Deutsch­land, waren für den Wider­stand vor allem die regel­mä­ßi­gen Mel­dun­gen über die mili­tä­ri­sche Lage und den Ver­lauf der Fron­ten. Eine erheb­li­che Reso­nanz erreich­te der Sen­der damit, dass er zwei­mal täg­lich die Namen deut­scher Kriegs­ge­fan­ge­ner ver­brei­te­te, die in ihrer Hei­mat grund­sätz­lich als »ver­misst« oder »gefal­len« gemel­det wurden.

Janu­ar 1943, Nach­rich­ten u.a. zur Lage in Stalingrad

(Spre­cher unbe­kannt, 6 min.)

 

Febru­ar 1943, Nach­rich­ten u.a. zur Kapi­tu­la­ti­on von Gene­ral­feld­mar­schall Paulus

(Spre­cher unbe­kannt, 0:45 min)

 

3. Stim­me Ame­ri­kas (Voice of America)

Der staat­li­che Aus­land­funk »Voice of Ame­ri­ca« wur­de erst nach dem Kriegs­ein­tritt der USA auf­ge­baut. Bis Ende 1942 wur­den sei­ne Pro­gram­me für Deutsch­land ins­be­son­de­re über die BBC aus­ge­strahlt, erst danach begann der Auf­bau eines umfang­rei­chen eige­nen Kurz­wel­len­net­zes. Trotz erheb­li­cher tech­ni­scher und per­so­nel­ler Bemü­hun­gen erreich­te der Sen­der nicht die Popu­la­ri­tät von BBC und Radio Moskau.

Sen­dung zum Jah­res­tag der Ver­nich­tung Lidices

(Spre­cher unbe­kann, 5:20 min)

 

4. »Gus­tav Sieg­fried Eins«

Der im Urteil gegen Hei­ko Ploe­ger genann­te Sen­der »GS‑1« gehör­te zu ver­schie­de­nen »ziel­grup­pen­ori­en­tier­ten« bri­ti­schen Geheim­sen­dern, dar­un­ter auch der »Sol­da­ten­sen­der Calais«. Der Sen­der »GS‑1« soll­te sei­nen Hörern das Gefühl ver­mit­teln, sie sei­en Ohren­zeu­gen einer Geheim­or­ga­ni­sa­ti­on, die frü­her gro­ße Hoff­nun­gen auf Hit­ler und die NSDAP gesetzt, sich nun aber entäuscht abge­wen­det habe. Bis­her habe ich noch kein Hör­bei­spiel die­ses Sen­ders fin­den können.

 

5. »SA-Mann Weber«

Auch das Hören des “SA-Sen­ders” wur­de Hei­ko Ploe­ger vor­ge­wor­fen. Dabei han­del­te es sich ein spe­zi­el­les Pro­gramm, des »Deut­schen Volks­sen­ders«, der in Mos­kau direkt dem Zen­tral­ko­mi­tee der KPD unter­stand. Der »SA-Mann Weber« war eine fik­ti­ve Figur, die all­abend­lich an die Ver­spre­chun­gen und revo­lu­tio­nä­ren Phra­sen erin­ner­te, mit denen die Nazis in der Anfangs­zeit ihre Anhän­ger gekö­dert hat­ten. Bis­her habe ich noch kein Hör­bei­spiel die­ses Sen­ders fin­den können.

 

6. Sen­der »Bero­müns­ter«

Es han­delt sich um den gleich­na­mi­gen schwei­ze­ri­schen Lan­des­sen­der, der ein deutsch­spra­chi­ges Pro­gramm aus­strahl­te, das wegen der Serio­si­tät sei­ner Infor­ma­tio­nen einen guten Ruf besaß. Bis­her habe ich noch kein Hör­bei­spiel die­ses Sen­ders fin­den können.

 

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